Chronik               

Vorwort des Chronisten …

Oberhausen, im Mai 2000

Als mich im März d. J. unser Vorsitzender, Herr Reinhold Agethen anrief und mich bat, die Chronik zum 50jährigen Vereinsjubiläum zu übernehmen (jemand hatte sich offensichtlich übernommen), sagte ich ihm ohne lange zu überlegen zu. Ich war mir sicher, mit langer eigener Erfahrung in Sachen RCO und ein wenig Unterstützung, einen Berg von Daten und Erinnerungen zusammentragen zu können. – Aber es wurde ein Gebirge. 

Je mehr ich mich mit Personen, Daten, Geschichte und Geschichten aus fünfzig Vereinsjahren auseinander setzte, desto mehr kam ich zu der Erkenntnis, dass ich Bücher darüber schreiben könnte. Aber es sollte eine Chronik werden und keine abendfüllende Lesung. Also entschloss ich mich, die Chronologie nicht an Personen zu knüpfen, sondern die Entwicklung und den Ausbau der Vereinsanlage in den Vordergrund zu stellen. So haben die älteren Vereinsmitglieder die Möglichkeit, mit der Chronik diesen oder jenen Punkt auf unserer Anlage anzulaufen und sich an die eine oder andere Begebenheit oder Person zu erinnern, einen Moment im Gedenken zu verweilen. Die Jüngeren dagegen können sich anhand der Beschreibungen vielleicht vorstellen, wie es an dieser oder jener Stelle auf dem Vereinsgelände einmal ausgesehen hat. Wenn ihnen dazu die passenden Geschichten und „Dönekes“ fehlen, können sie doch mal ein älteres Vereinsmitglied fragen oder sie sprechen einfach den Chronisten an – also ich könnte da Geschichten erzählen… 

In diesem Sinne 

Gut Ritt wünscht Ihnen der Chronist

Horst Imgold

 

In einer Zeit, als man viel mehr als heute ums tägliche Überleben kämpfen musste, als fünf Jahre nach Ende des Krieges viele Menschen nicht wussten, wie sie täglich eine warme Mahlzeit bekommen konnten, woher sie intakten Wohnraum nehmen sollten und die Strassen noch von unzähligen Trümmergrundstücken gesäumt waren, machte sich ein Häuflein Verwegener daran den Reitclub Oberhausen zu gründen. 

Mitten in einer noch in Schutt liegenden Industrieregion wollte man eine Sportart wiederbeleben, die zwar während des Krieges als Reitersturm in städtischen Regionen bekannt war, aber nach Kriegsende nur in der ländlichen Nische und als Herrenreiterei verpönt ihr bescheidenes Dasein fand. 

Obwohl damals das Existenzminimum eines Pferdes, eine Handvoll Hafer, etwas Heu und Stroh und ein paar Rüben sicherlich täglich in Frage gestellt waren, haben es sich ein paar Pferdesportenthusiasten (heute würde man sie wohl Pferdefreaks nennen) erst in den Kopf und dann in die Tat umgesetzt einen Reitverein zu gründen, um unseren schönen Sport den Menschen in der Stadt nahe zubringen. 

Nachkriegsgrau und wenig vielversprechend sah für die Gründer, Herrn Willi Göbel, Herrn und Frau Dr. Schmidt und Herrn Wolfgang Wiegand die Zukunft aus. 

Zu den bestehenden Schwierigkeiten stellte sich das Problem einer passenden Trainingsstätte. Das erste RCO-Viereck wurde im Stadtgebiet Oberhausen an der Leostraße in der Nähe der Lothringer Strasse angelegt, musste jedoch schon nach kurzer Zeit neuen Bauvorhaben weichen. Der Ruhrpark in Alstaden bot sich als neue Wirkungsstätte an. Unter tatkräftiger Hilfe der Vereinsmitglieder und mit Unterstützung der Stadt Oberhausen entstand, umrahmt von der schönen Parkkulisse, eine erste richtige Reitanlage, die sogar mit einer reitsportlichen Veranstaltung eingeweiht wurde. Die Pferde waren zu dieser Zeit beim Landwirt Freitag in Mülheim an der Ruhr, also ungefähr auf ihren heutigen Weiden, aufgestallt. Man musste also jeweils 3 – 4 km entlang der heutigen A40, damals hiess sie noch Bundesstrasse 1, reiten um vom Mülheimer Stall nach Alstaden zu kommen.

Einige Jahre pendelte man wöchentlich dreimal auf dieser auch damals schon recht befahrenen Strecke, bis auch die Anlage im Ruhrpark wieder aufgegeben werden musste. Der Endpunkt schien erreicht! Ohne Übungsplatz konnte der Verein nicht fortbestehen. Doch die Stadt Oberhausen bot ein neues Gelände an. Eine Zeche hatte dieses Stück Erde in Oberhausen-Schönefeld als Abraumhalde genutzt. Dann wurde es eine zeitlang von der städtischen Müllabfuhr angefahren und jetzt, im Sommer 1958 sollte aus dieser Müllkippe ein Reitplatz werden. Zweimal schon hat­ten die Vereinsmitglieder einen neuen Reitplatz bauen müssen, also schreckte vom dritten Versuch auch die Müllhalde nicht ab. In mühsamer Kleinarbeit und mit uner­müdlichem Fleiß und großer Einsatzfreude wurde ein offener Reitplatz geschaffen, der im Sommer auch seinen Zweck erfüllte. Aber es kamen auch die Winter mit Frost und Schnee und die Regenperioden im Frühjahr und Herbst. – Man suchte und fand eine Lösung: Eine kleine, bis auf die Grundmauern zerstörte Scheune beim Landwirt Freitag wurde wieder aufgebaut und mit einem Dach versehen. Dieses Provisorium von nur 160 qm diente nun acht Jahre lang als Schlechtwetterhalle für bis zu 10 Reiter. 

Je mehr internationale Erfolge zu dieser Zeit von so grossen Reitern wie Fritz Tidemann oder Hans-Günter Winkler errungen wurden, desto grösser wurde auch das Interesse der Mitbürger am Reitsport. So wuchs der RCO von einem Häuflein Idealisten zu einem echten Sportverein und seine Mitglieder wuchsen unter der noch vom Militär geprägten harten und strengen Ausbildung ihres ersten Reitlehrers, Rittmeister a. D. Willy Göbel, zu echten Reitern. 

Die gestiegenen Ansprüche Anfang der 60er Jahre und die steigende Zahl der Mit­glieder ließen den Gedanken an eine Reithalle in Turniermaßen immer konkretere Gestalt annahmen und in der denkwürdigen Jahreshauptversammlung vom 24. März 1964 wurde der Beschluss gefasst, dieses große Projekt in Angriff zu nehmen. Der Geschäftsführer Walter von Göwels, dem die Bauleitung übertragen worden war, trieb das Projekt mit so großer Energie voran, dass bereits am 3. Oktober 1964 unter Anwesenheit vieler Gäste, von Herr Detrois, dem Beigeordneten der Stadt Oberhausen, der Grundstein gelegt wurde. Und schon am 2. Weihnachtstag des Jahres fand ein erstes Anreiten statt.

Zum 1. März 1965, also nur ein Jahr nach dem Mitgliederbeschluss, wechselten die Pferde in ihre neue Stallung, die zu dieser Zeit aus 6 Boxen und 6 Ständern für die Schulpferde bestand. Der Ausbau der Innenräume wurde mit vereinten Kräften be­trieben und am 9. Oktober 1965 konnte die Reithalle mit dem 1. Hallenreitturnier ein­geweiht werden, das sich über viele Jahres zu einem Traditionsturnier in der rheini­schen Reiterszene entwickelte.

Nach Verhandlungen mit der Stadt Oberhausen erhielt der RCO die Genehmigung, einen Teil des umliegenden Geländes zu einem Reitstadion auszubauen, was die Platzverhältnisse dem heutigen Zustand schon recht nahe brachte. 

Die erste Reithalle in Oberhausen führte dem Verein viele neue Mitglieder zu und damit auch zum nächsten rämlichen Engpass. Denn die neuen Mitglieder brauchten auch Boxen für ihre Pferde, die mit dem steigenden Wohlstand zahlreicher wurden. Aber bevor neue Baumassnahmen in Angriff genommen wurde, machte der RCO erst einmal Urlaub. Der Initiative des 2. Vorsitzenden, Herrn Otto Rademann und des Reitlehrers Herrn Heinz Handschuh war es zu verdanken, dass die Privat- und Schulpferde gemeinsam mit vielen jugendlichen Reitern 1969 für 1 Woche und 1970 für 2 Wochen in Bislich am Niederrhein auf dem Hof der Familie Ricken Reiterferien verbringen durften, wie man sie schöner kaum verbringen kann: 2 Ausritte pro Tag, Pflege und Stalldienst, Übernachtung im Stroh und Nachtwanderungen inklusive. Daran erinnert sich selbst nach 30 Jahren noch jeder Teilnehmer. 

So gut erholt begann für den RCO im März 1971 das nächste große Projekt. Die 12 vorhandenen Stallplätze wurden auf 15 Boxen und 10 Ständer erweitert. Dazu zogen die vorhandenen Pferde teilweise in die verlassene Scheune des Bauern Freitag und teilweise verbrachten sie die Nächte in Provisorien in der Reithalle. Aber auch dieser Sommer ging vorüber und im September 1971 konnten die Pferde ihre neuen Stal­lungen beziehen. Im Obergeschoss entstanden Heuboden, Reitlehrerwohnung, Ju­gendraum usw.

 

Je mehr sich die Innenraumverhältnisse für die Pferde verbesserten, desto schlech­ter wurde es für sie im Außenbereich. – Durch die Kiesgrube entstanden auf den ehemaligen Weiden zuerst riesige Gruben und Erdhügel. Mitt der siebziger Jahre dann, als der Boden ausgekiest war, wurde daraus eine hässliche Müllkippe, die man Ende der siebziger Jahre mit Erde überdeckte, so dass erst 1981 wieder Weiden auf diesem Geländeteil angepachtet werden konnten. 

Reitsportliche wurde auch in dieser Zeit trotz Umbau, Kieslastern und räumlicher Enge weitergearbeitet. Neben dem traditionellen Herbstturnier in der Halle gab es seit 1971 auch ein Frühjahrsturnier auf den Außenplätzen, zuerst als internes, später als C-Turnier. Auf dem Frühjahrsturnier 1971 siegte übrigens in der Jugendreiterprüfung bis 14 Jahre die Oberhausenerin Ulla Helbing. Unter ihrem jetzigen Namen Ulla Salzgeber ist sie die amtierende Vizeeuropameisterin der Dressurreiter. 

In der Vereinsführung wurde die Arbeit der ehrenamtlich Tätigen immer umfangrei­cher und so beschloss die Mitgliederversammlung 1975 Halle und Stallungen zu ver­pachten. 

Nach zwei kurzen Pachtperioden durch Alfons Borchers und Reinhard Karden über­nahm 1979 der Essener Reiter und Richter Peter Engel die RCO-Anlage. Mit Elan und neuen Ideen brachte er soviel Schwung in den Verein, dass die Mitgliederzahl kräftig stieg – und damit wurde der Stall wieder einmal zu klein! 

Die Stehtribüne zwischen der Halle und dem Dressurviereck wurde im Winterhalbjahr 1981/82 entfernt um Platz für einen weiteren Stall zu schaffen. Unter Leitung von Heinz Willi Krauss griff eine Handvoll Mitglieder zu Schaufel, Kelle und Schweißgerät und schaffte bis zum Osterlehrgang 1982 den Um- und Anbau.

Die 10 Ständer im alten Stall wurden zu 5 Boxen umgebaut, während der neue Stall Platz für 16 Pferde bot und sich noch zwei Laufboxen für Stuten und Fohlen an­schlossen. Kaum war die Farbe aufgetragen, kamen auch schon die Teilnehmer am Osterlehrgang mit ihren Pferden. Die letzte Box links bezog der mittlerweile internati­onal bekannte Springreiter Alois Pollmann-Schweckhorst mit einer dunkelbraunen Stute. Zum Lehrgangsbeginn am nächsten morgen musste er allerdings eine Scheckstute satteln. Da wussten wir, dass Binderfarbe in Pferdeställen langsamer trocknet! 

Die moderne Tierhaltung brachte die Erkenntnis, dass Pferdehaltung in Ständern auch für Schulpferde nicht mehr zeitgemäß ist. So wurden schon 1985 unter dem nächsten Pächter, Drago Kobetic aus den 10 Ständern im neuen Stall 5 Boxen ge­macht und eine Überdachung als Abstellraum für Hindernisse angeschlossen. 

Die folgenden Pächter legten ihr Augenmerk weniger auf die Zucht als viel mehr auf Handel und Verkauf von Pferden und somit wurde wieder mal angebaut. Im Laufe der neunziger Jahre wurden aus den Fohlenboxen und dem Hindernisraum neue Boxen und eine Sattelkammer. So schob sich im Lauf von zwanzig Jahren der 2. Stall Schritt für Schritt an der Hallenrückseite entlang, bis er schließlich an der Terrasse, die zwischenzeitlich an der Rückseite hinter dem Casino geschaffen wurde, enden musste. 

Wenn jetzt die Pflasterarbeiten rund um Halle und Stallungen abgeschlossen sind, hat unser jetziger Vorsitzender, Herr Reinhold Agethen seine fast 15-jährige Amtszeit ausschließlich auf einer Baustelle verbracht. Nachdem auch Casino und Toilettenanlagen bereits renoviert wurden, kann er sich hoffentlich auch an einen anderen Zustand gewöhnen. 

Auch die Reitplätze und der Hallenboden bedurften ständiger Pflege und Erneue­rung. Dazu reicht nicht das regelmäßige Abziehen mit dem Traktor und das Huf­schlaghaken. Immer wieder mussten Spender gesucht und gefunden werden um die Kosten für Schotterunterbau, Drainage und Reitplatzsand zu übernehmen. Leider waren die Zuwendungen seitens der Stadt Oberhausen für den Reitsport schon im­mer sehr gering; einerseits war der Stadtsäckel nie üppig gefüllt, andererseits war man bei den Stadtvätern stets der Meinung, dass die „reichen“ Reiter das doch aus eigener Tasche zahlen sollten. Gott sei Dank gab es in allen fünf Jahrzehnten immer wieder engagierte und rührige Mitglieder im Verein und Vorstand, die mit Ideen, Tatkraft und Initiative die Vereinsanlage erhalten und ausgebaut und damit auch das Fortbestehen des RCO gesichert haben.

Natürlich wurde in all den Jahren nicht nur gearbeitet und geritten. Immer wieder gab es große und kleine Feste zu feiern, wie zum Beispiel des 20-jährige Bestehen mit Dressur-, Spring- und Voltigiervorführungen und einem Galaabend in der Bahnhofs­gaststätte, die damals zu den ersten Adressen in Oberhausen zählte.

Auch zum 25-jährigen Jubiläum traf man sich wieder in der Bahnhofsgaststätte, wie es in den Siebzigern üblich war; die Damen im langen Abendkleid und die Herren im Smoking oder sogar in Galauniform. Die Dreißigjahrfeier 1980 fand wesentlich zünftiger im Vereinscasino statt; dafür wurde dieses Ereignis in den Rahmen des 1. A/B-Turniers des RCO’s gelegt. Die Dressurprüfungen bis Klasse M fanden auf dem Vereinsgelände statt, während man aus Platzmangel die Springprüfungen bis Klasse S auf der 300 m entfernten Wiese gegenüber den Schrebergärten im Bauerfeld durchführen musste. Jeder, der schon einmal bei einem Reitturnier mitgeholfen hat, kann sich die damit verbundene logistische Großleistung vorstellen. Allein bei dem Gedanken an die 5000 Eisenpfähle, die von zwei Mitgliedern zur Abgrenzung von Abreite- und Springplatz eingeschlagen werden mussten, schmerzen dem Chronisten noch heute die Schultern.

Auch zum 40-jährigen traf man sich auf der Vereinsanlage zu einer zünftigen Feier und zu einem großen Turnier, wie wir es auch heute zum 50-jährigen beibehalten haben.

Daneben hat sich der seit einigen Jahren stattfindende Hubertusritt zu einem schönen gesellschaftlichen Ereignis unseres Vereins entwickelt. Von unserem 
1. Vorsitenden sachkundig geführt, treffen sich nach dem Ausritt Reiter und Gäste zum gemeinsamen Grünkohlessen.

Gerade diese Veranstaltungen zeigen, ebenso wie einige Polterabende und Hochzeiten, wie so viele Silvester- und Karnevalfeten und ungezählte Spontanabende, dass dieser Reit-Club Oberhausen lebt, dass er sich weiterentwickelt und dass er stets Anlaufstelle war und hoffentlich noch lange bleibt für viele Reitsportler, die hier zusammenkommen um mit Gleichgesinnten ihrem Hobby nachzugehen, sich im sportlichen Wettkampf zu messen und Meinungen und Erfahrungen rund um unsere geliebten Pferde auszutauschen — oder einfach nur um mit Freunden zusammenzusitzen und den Pferden auf den Weiden zuzusehen und so für einen Moment der alltäglichen Hektik zu entfliehen –

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